Pen&Paper-Megacorp AG

Es gibt eine bestimmte Erwartungshaltung gegenüber Rollenspielverlagen. Sie ist nicht neu, ich kenne sie schon aus guten, alten FanPro-Zeiten, und diese lautet: Der Verlag ist ein gesichtsloses Großunternehmen mit Legionen von Mitarbeitern, und die paar Euro für (beliebige Forderung hier einfügen) werden die ja wohl über haben.

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: In Deutschland leben keine zwei Dutzend Leute hauptberuflich von der Produktion von Rollenspielen. Und da sind die Lagerpacker und Buchhalter schon mit eingerechnet. Selbst eine Firma wie FanPro zu ihren besten Zeiten, und da sprechen wir von Produkten wie Magic, nicht von Rollenspiel-KleinKlein (ja, damit ist auch DSA und SR gemeint), hatte kaum mehr als 20 Leute für alles (inklusive Putzkraft). Und das war die „gute, alte“ Zeit. Die Rollenspielbranche lebt zu einem guten Teil von externer Energie und externem Geld, und ich drücke den wenigen, bei denen es hauptberuflich funktioniert, Geld aus dem Markt zu generieren, um die eigenen Rechnungen zu bezahlen, beide Daumen, dass das auch so bleibt.

Das hat natürlich alles Vor- und Nachteile. Die Rollenspielbranche ist eine mit den wenigsten Einstiegshürden. Es reicht halbwegs gradeaus schreiben zu können oder eine Knarre ansatzweise vernünftig zu zeichnen. Andererseits ist die Bezahlung im Vergleich zu anderen Branchen echt erbärmlich, wodurch die Branche nicht immer, aber doch recht häufig eine Art Durchlauferhitzer bildet, eine Spielfläche, auf der man sich als Autor, Illustrator oder Layouter mal austoben kann und sich im Idealfalle so verbessert, die aber kaum genug Geld generiert, um damit dauerhaft seinen Broterwerb zu sichern. Das ist wirklich schade und ich würde mir, natürlich auch zu meinem persönlichen Wohl, wünschen, dass die verkauften Auflagen sich durch den Einsatz von Hypnosekröten spontan verzehnfachen würden (wobei manche Taschenbuchverlage auch bei den Zahlen noch lachend abwinken würden) und dank dem enormen Absatzplus auch der Lohn für alle Beteiligten im gleichen Maße wächst… aber, ohne in den traditionellen apokalyptischen Abgesang des untergehenden Rollenspielmarktes einfallen zu wollen… das wird wohl nie geschehen.

 

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3 Antworten zu Pen&Paper-Megacorp AG

  1. ateracalba schreibt:

    Solange die Rollenspielverlage nicht mit Worthülsen wie Professionalisierung um sich schmeißen, kommt wohl niemand auf die Idee, von ihnen die „Professionalität“ eines Großkonzerns zu verlangen.

    Es ist alles eine Frage der Kommunikation und wie man sich entscheidet, das eigene Unternehmen darzustellen. Dazu sollten natürlich auch die Entscheidungen passen. Solche schönen Begriffe wie „Corporate Governance“ kann man auch als Kleinverlag verinnerlichen, nein, anders formuliert, gerade als Kleinverlag sollte man sie hehen und pflegen.

    Passend dazu ein Link zur Seifenkiste:

    http://glgnfz.blogspot.com/2011/09/sehr-professionell.html

  2. eismann2060 schreibt:

    Verlangen? Möglicherweise nicht. Erwarten? Meiner Erfahrung nach erstaunlich häufig. Und nicht nur „Professionalität“, sondern die gesamte Existenz.

  3. Eevie schreibt:

    Normalerweise halte ich mich bei solchen Themen ja sehr bewusst zurück. An dieser Stelle, lieber Eismann, kann ich nicht länger (digital) schweigen: Danke fürs auf den Punkt bringen und ganz besonderen Dank für ein paar Fakten und all die wertungsneutralen Denkanstöße!

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