Post Mortem: Die Schwarze Katze, Teil 3

Katzen beim Wolleklau (Illu von Nadine Schäkel)

Werfen wir mal einen Blick auf die Regeln.

Im Allgemeinen sind Regeln wie Augenbrauen: Sie fallen erst auf, wenn irgendwas nicht stimmt. Ein Ziel der Regeln von DSK ist es, das Spielerleben und damit auch in gewissem Maße die Spielmöglicheiten von DSA5 einzufangen, aber dabei Regelmechanismen anzubieten, die das Spiel einfacher und schneller gestalten und die Regeln auf das Wesentliche herunterzureduzieren, so dass sie im Spiel gefällig sind und schnell von der Hand gehen. Das bezieht sich sowohl auf den Umfang der Regeln, als auch auf Kernelemente wie den Hauptprobenmechanismus, aber auch das Kampf-, Fertigkeits- oder Magiesystem.

Als ersten Schritt habe ich das DSA5-Regelwerk zur Hand genommen und weggestrichen, was für meine Zwecke, die Umsetzung von erwachten Katzen in DSK, unnötig ist. Darunter fallen Zustände wie Paralyse oder Verwirrung genauso wie Anwendungsgebiete und Berufsgeheimnisse für Fertigkeiten. Einige Fertigkeiten sind durch Zusammenführung rausgeflogen, beispielsweise durch das Eingliedern von Klettern, Schwimmen in Körperbeherrschung oder die Verbindung von Taschendiebstahl, Fesseln etc. in die Fertigkeit Friemeln. Aber auch im Kampf, dem Übernatürlichen und den Detailregeln sind einige Regelteile der Schere zum Opfer gefallen. Immerhin haben wir deutlich weniger Platz und wollen diesen auch nutzbringend füllen. Aber schauen wir uns die Sache mal aus der Nähe an.

Grundregeln
Als erstes dürfte auffallen, dass komplett auf ein einführendes Spielbeispiel oder Erläuterungen zur Frage, was denn Rollenspiel eigentlich ist und was man mit dem Regelwerk anstellen soll, verzichtet wurde. Ich gehe im Zweifel davon aus, dass kaum jemand als kompletter Anfänger und ohne Hilfe eines erfahreneren Spielers als erstes bei DSK landet.
Stattdessen geht es gleich los mit Würfeln und wie sie in den Regeln beschrieben werden, wie Rundungen angewandt werden etc. Dass man auch einen Stift und Papier zur Hand haben sollte, wird als hinlänglich bekannt angenommen. Man merkt, der Servicegedanke, der bei DSA5 hier sehr stark präsent ist, ist bei DSK etwas zurückgenommen. Ich finde ihn grundsätzlich nicht verkehrt, aber er führt eben oft zu großem Textvolumen.
Dann gehts auch gleich in den Regelkern, und zwar zu den Charakterwerten und wie man sie im Spiel nutzt. Der Charakter ist das Werkzeug, mit dem die Spieler in der Welt agieren, von daher werden sie sich am häufigsten mit seinen Werten beschäftigen. Entsprechend steigen wir erst einmal mit den Eigenschaften ein, die durch den DSK-Probenmechanismus zwar nicht mehr ganz so im Vordergrund stehen (weshalb Eigenschaftsproben relativ spät und als Sonderfall erläutert werden), aber natürlich immer noch ihre Relevanz als Basis der Fertigkeitsproben haben.
Dann geht es auch schon zum Dreh- und Angelpunkt zwischen Spieler und System, den Fertigkeitsproben. Im Endeffekt läuft alles über sie. Ob Kampf, Ahnengaben oder Fertigkeitsanwendung, es sind immer 2W20 gegen einen Wert, den man unterwürfeln muss. Man beachte dabei die virtruvianische Katze als Illustration!

Probenmechanik
Die Vorteile dieses Probenmechanismus und der Grund, warum er so gewählt wurde, sind an dieser Stelle (unter dem Arbeitstitel „DidZ“) schon einmal ausgiebig dargelegt worden. Man kann an diesem Punkt schon sehen, dass DSK regelseitig durchaus eigene Wege geht, aber was den Werterahmen angeht Fühlung zu DSA5 hält. Theoretisch sollte es so auch möglich sein, die DSA5-3W20-Probe bei DSK einzuführen oder die DSK-2W20-Probe bei DSA, zumindest wenn man die Kostenerhöhung für Eigenschaften mitbedenkt. Und zwar aus folgendem Grund:
Während der Entwicklung gab es bei den Qualitätsstufen relativ lange einen Build around, bei dem die maximal möglichen QS gedeckelt waren, abhängig  von der Höhe des Fertigkeitswertes, um zu vermeiden, dass man seine Abenteuerpunkte (AP) nur in Eigenschaften ballert und Fertigkeiten einfach außen vor lässt. Nach einer Beratung mit Markus und ein paar Balancingberechnungen haben wir diese etwas unelegante Beule im System ausbügeln können, indem wir die Steigerungskosten für Eigenschaften angehoben haben. Ein schönes Beispiel, wie komplexe Systeme miteinander interagieren. Ein Teil der Grundprobenmechanik (die besonders bei NSC-Werten sehr fummelig war) konnte gestrichen werden, indem man bei den Steigerungsregeln einen Grundwert modifiziert hat.
Ich habe beim Korrekturlesen der Abenteuerbände noch einen Wertekasten mit der alten Schreibweise gefunden (Fertigkeitswerte für NSCs wurden aufgrund der maximalen Qualitätsstufen noch ungefähr so dargestellt: „Friemeln 24/2“, wobei 24 der Probenwert ist, gegen den man würfelt, und 2 die dabei maximal erreichbaren QS). Ich hoffe ich habe diese veraltete Schreibweise überall rausgezogen, aber wie das nun einmal so ist: Gut möglich, dass sich in irgendeinem Beispieltext noch eine veraltete Umschreibung versteckt. Und wenn ich das gedruckte Buch aufschlage, wird mir dieser Fehler genau auf dieser aufgeschlagenen Seite auf den ersten Blick entgegenspringen.

Exkurs: Beispieltexte
Apropos Beispieltexte: Mit die letzten Texte, die ich im Regelwerk geschrieben habe, sind die Beispieltexte, denn es besteht immer die Gefahr, dass man nochmal irgendwo Werte oder Regeln umstellt und die veraltete Anwendung im Beispiel irgendwo übersieht. Das geht ziemlich schnell und auch Lektoren haben kaum eine Chance solche Fehler zu finden, dafür führen sie aber gerne zur allgemeinen Verwirrung beim Leser. Ich hoffe daher, dass ich das vermeiden konnte.
Ich habe versucht die Beispieltexte zumindest abschnittweise in eine Art Rahmenhandlung einzufügen, um sie auch zum Lesen etwas interessanter zu gestalten.

Weitere Probenarten
Rausgeflogen sind Sammel- und Gruppenproben. Wenn man sowas braucht, kann man es sicher leicht über Fertigkeitsproben improvisieren, aber für unsere Zwecke erscheint mir das so selten, dass mir der Regelaufwand hier in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
Dann kommen noch die weiteren Bauelemente von Charakteren wie abgeleitete Werte (die man als DSA5-Spieler schon kennen dürfte), Vor- und Nachteile usw. Im Endeffekt kann man als DSA-Spieler einen DSK-Charakterbogen „lesen“ und einschätzen, was hohe und niedrige Werte sind, auch wenn die Probenmechanik eine andere ist.

Schicksalspunkte
Die Nutzung von Schips habe ich auf das Wesentliche (Proben wiederholen und erleichtern) reduziert, da sie meiner Erfahrung nach hierfür mit Abstand am häufigsten genutzt werden. Auch hier sieht man die Konzentration aufs Wesentliche. Im Gegensatz zu DSA5 kriegt aber jeder NSC mindestens einen Schip. Ich habe damit bei Shadowrun gute Erfahrungen gemacht, dass auch die alte Dame auf der Straße in Lebensgefahr wenigstens einmal das Letzte aus sich herausholen kann. Das sind so Regeln, bei denen ich (ähnlich wie bei der Nicht-Deckelung von QS) ein wenig Sorge habe, dass Spieler die aus DSA5-Gewohnheit übersehen, aber selbst wenn, ist das ja nicht weiter tragisch.

Zustände und Status
Wie schon angemerkt habe ich die Anzahl der Zustände reduziert. Paralyse ist rausgeflogen, weil es im Regelwerk schlicht keine Effekte gibt, die eine Paralyse erzeugen könnten. Ähnliches gilt für Entrückung. Verwirrung läuft nun mit über Betäubung und gegebenenfalls über den Status Halluzinierend.
Es gibt zwei körperliche (Belastung und Schmerz) und zwei geistige (Betäubung und Furcht) Zustände, und als fünften den positiven Zustand Selbstvertrauen, der Proben nicht erschwert sondern erleichtert. So hat man sowohl als SL als auch über Crunchelemente die Möglichkeit, Charakteren unter die Arme zu greifen bzw. sie im Spiel zu belohnen. Haben die Charaktere ein Rätsel gelöst, eine wichtige Information gefunden oder einen gefährlichen Gegner überwunden, gibt es ein oder mehrere Stufen Selbstvertrauen und alles geht gleich viel leichter von der Hand. Dies soll auch den bei DSA4 sehr dominanten und bei DSA5 zumindest noch vorhandenen Bestrafungsmechanismen entgegenwirken.
Zustände umfassen nicht wie bei DSA5 vier, sondern acht Stufen, was ihre Relevanz und Granulierung vergrößert und besonders im Verhältnis Rüstungsschutz zu Belastung die Zwischenschritte umgeht und stattdessen recht intuitiv RS=BE setzt.

Bei den Status fällt neben „Auf dem Rücken“ als katzenhaften Ersatz für „Liegend“ noch „Panisch“ auf, der als Endstück für den Zustand Furcht fungiert. Außerdem kann man ihn gut für Situationen nutzen, in denen Katzen erstmal panisch durch die Gegend springen, beispielsweise wenn hinter ihnen eine Gurke liegt.

Charaktererschaffung
Kommen wir zum ersten größeren Regelkomplex jenseits der Grundregeln und zu dem Teil, mit dem sich gerade am Anfang die Spieler am meisten beschäftigen: Die Erschaffung von Charakteren. Eine der Seltsamkeiten der Charaktererschaffung sowohl bei DSA4 als auch DSA5 ist die Reihenfolge der Texte. Zuerst wird die regelseitige Charaktererschaffung erläutert und danach erst der Hintergrund des Charakters. Man sollte ja eigentlich meinen, dass es umgekehrt sein müsste und man sich erst im Groben überlegt was man spielen möchte und dies dann in Regeln gießt. Daher habe ich hier die Reihenfolge umgedreht: Bei DSK werden erst Tipps dazu gegeben, wie man sich seinen Charakter vorstellen kann, und dann wird er mit den Erschaffungsregeln umgesetzt. Diese Diskrepanz ist mir übrigens auch erst recht spät aufgefallen. Man macht halt so manches einfach, weil es schon immer so gemacht wurde.

Die Charaktererschaffung bei DSK ist im Vergleich zu DSA5 etwas kompakter gehalten, gerade um den Einstieg einfacher zu gestalten, auch wenn das an einigen Stellen auf Kosten der Optionsvielfalt geht. Statt verschiedene Kompetenzlevel in der Generierung zu ermöglichen, gibt es ein Startniveau, was im Regeldesign einiges sehr viel einfacher macht. So muss man die meiste Zeit nicht mit AP herumhantieren, sondern kann einfach jedem Charakter 100 Eigenschaftspunkte zum Verteilen geben. Zudem wurden Rassen, Kulturen und Professionen so gestaltet, dass sie immer die gleichen AP-Kosten haben. So verteilt man einfach seine 100 Eigenschaftspunkte und nimmt Rasse, Kultur und Profession, ohne sich mit dem Thema AP-Verteilung überhaupt beschäftigt zu haben. Erst dann kriegt man eine im Vergleich zu DSA5 überschaubare Menge AP in die Hand gedrückt, um seinen Charakter anzupassen. Wenn man will, kann man aber auch die AP der Kultur und Profession verwenden und die per Hand verteilen oder seine eigenen Kulturen und Professionen bauen. Ist mehr Arbeit, ermöglicht dafür aber auch stärkere Individualisierung, was besonders bei den Ahnenkindern nützlich sein kann.

Das feste Startniveau löst zudem einige Schwierigkeiten, beispielweise den Umgang mit höheren Eigenschaften bei Spielstart. Bei DSA5 wird dies über die Erhöhung des Eigenschaftsmaximums (nicht jedoch des eigentlichen Eigenschaftswertes) durch die gewählte Spezies erreicht, was in der Praxis manchmal zu Missverständnissen geführt hat und zu Rechnerei führt. Dieses Regelkonstrukt war nötig, da das Eigenschafts-Maximum am Startniveau des Charakters hängt und ein Eigenschaftspunkt über diesem Maximum je nach Startniveau unterschiedlich teuer ist. Da es bei DSK nur ein festes Maximum von 14 gibt, kosten Eigenschaftspunkte über dieses Maximum hinaus, also auf 15, immer einen festen AP-Wert. Daher bot sich hier die Lösung an einfach einen Vorteil zu erstellen, der genau diesen AP-Wert kostet und die Eigenschaft zum Start auf 15 setzt, wenn sie vorher schon auf 14 lag. Mit dieser Herangehensweise konnte die Extraregel zu Eigenschaftsmaxima gestrichen werden.

Abgeleitete Werte
Aufgrund der 2W20-Probe fallen die „Defensivwerte“ Seelenkraft und Zähigkeit etwas geringer aus, und auch die Lebensenergie ist durch niedrigere LE-Modifikatoren über die Rasse etwas geringer. Das mag bei anderen Wesen als Katzen später aber auch anders aussehen. Ansonsten ist das meiste gleich geblieben. Einzig die Geschwindigkeit der Katzen wird in zwei Werten angegeben, da sie auf den Hinterbeinen deutlich langsamer unterwegs sind als auf allen Vieren.
Zu guter Letzt kann man noch 250 Mondglöckchen ausgeben um Ausrüstung zu kaufen. Messingglöckchen standen schon recht früh als Grundwährung fest. Fast jede Gesellschaft entwickelt irgendeine Art von Tauschstandard, ob Edelmetallscheiben, Nylonstrümpfe oder Zigaretten, und auch im Spiel ist es hilfreich einen festen Wert zu haben, auf den man referenzieren kann. Messingglöckchen sind da eine gute Wahl, da sie stabil, transportabel und durch ihre Prägung auch relativ fälschungssicher sind und im Werteverständnis der Katzen einen Wert aus sich heraus darstellen.Ihr Name war in der ersten Entwicklungsphase jedoch noch ein anderer. Leider kann ich mich an den ursprünglichen Namen nicht mehr erinnern. Ich glaube aber es war am Ende ein Problem mit der entsprechenden Abkürzung, der zur Umbenennung in Mondglöckchen geführt hat. Dieser Name stammt von der C-Prägung der Manufaktur, die die Glöckchen hergestellt hat. Da die Katzen nicht lesen können, haben sie die Prägung als Halbmond interpretiert.
Es amüsiert mich im Übrigen ziemlich, dass es Mondglöckchen auch beim Crowdfunding gab, sogar mit der C-Prägung. Ich hab sie letztens in der Hand gehabt und ich kann sagen, sie sind wirklich hübsch geworden.

So, das war eine ganz schöne Wall of Text. Beim nächsten Mal gehts weiter mit Rassen, Kulturen, Professionen und anderen schönen Dingen.

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2 Antworten zu Post Mortem: Die Schwarze Katze, Teil 3

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